Aus einer alten Eichenscheune aus Fulda wird ein Weinberg in Sachsen-Anhalt. Wie das funktioniert erfahren Sie in unserer Serie über ein Herzensprojekt an der Unstrut in Freyburg.
Gemütlichkeit zwischen Weinreben
Lässt man den Blick vom 600 Stufen hohen Schweigenberg über das Unstruttal schweifen, erblickt man rund um den Fluss Baumwipfel, Wiesen und dazwischen immer wieder die kupferfarbenen Dächer kleiner Häuser. Nicht selten stehen diese Häuser umringt von Weinreben. Sie zieren die Hügel, erstrecken sich bis an den Horizont. Ab und zu kommt ein Paddelboot vorbei, gefolgt von Plätschern, leisem Gerede und Bestaunern der Landschaft. Dann herrscht wieder Stille. Sie wechselt sich ab mit einem leisen Klopfen, das aus einem der Häuser auf dem Schweigenberg dringt. Folgt man dem Geräusch hinein in das kleine Häuschen, das ebenfalls von Weinreben umgeben ist, erblickt man einen mit Eichenholz verkleideten Raum. Hier wechselt sich das Klopfgeräusch mit einem Schaben ab, dessen Schall nicht bis vor die Tür reicht. Es stammt von einem kleinen Hobel, mit dem Jörn Konrad gerade ein Stück Eichenholz bearbeitet. Feine Kringel des Holzes rieseln zu Boden. An ihrer Stelle ist eine filigrane Einkerbung entstanden. Diese Kerbe ist Teil einer Verzierung, die sich über die gesamte Seite des Holzes erstreckt. Neben dem Künstler befinden sich, an eine ebenfalls aus Eichenholz gebaute Bank gelehnt, weitere verzierte Stücke. Sieht man sie alle so nebeneinander stehen, erkennt man, dass es sich um eine Schiffskehlverzierung handelt. Jörn Konrad fertigt diese komplett von Hand. Sie soll die Balken des Raumes im Renaissance-Stil erstrahlen lassen. Ein Teil des Hauses ist in dieser Zeit erbaut, die Natursteinmauern im Innenbereich verleihen dem Raum noch immer einen einzigartigen Charme. Zu diesem passend entwirft Jörn gerade Türen, sogar die Decke wird von ihm gestaltet.
Es ist ein Raum mit einer Geschichte. Nicht nur, weil jeder Teil der Decke, jede Tür und Lampe, sowie jede Bank und jeder Tisch durch die Handarbeit Jörn Konrad’s entstanden ist. Auch, weil das Holz, das Konrad für sein Werk verwendet seine ganz eigene Geschichte erzählt.
Ein Stück Geschichte aus Fulda
Das Eichenholz, das Jörn Konrad für den Bau des Weinberges verwendet stammt von einer mehr als 300 Jahre alten Scheune aus Fulda. Sie war 1663 erbaut worden, nun sollte sie abgerissen und das Holz entsorgt werden. Für Jörn war klar, dass die alte Eichenscheune die perfekte Grundlage für das Weinberg Projekt bieten würde. Er fuhr in einem Lastwagen nach Fulda, traf die Besitzer der Scheune und lud mit ihnen zusammen das Holz in den Transporter. Das war vor zwei Jahren. Seitdem arbeitet er an dem Konzept für den Weinberg. Bis heute sendet er den ehemaligen Besitzern Fotos von den Werken, die aus ihrem Holz entstehen. Das sind Tische und Bänke, Lampen, sowie eine Wand- und Deckenverkleidung. Aus der alten Eichenscheune entsteht ein neuer Raum, ganz im Sinne des historischen Weinbergs. Hier sollen die Gäste des neuen Besitzers Jörg Gabert bald in Ruhe und mit einem traumhaften Blick auf das Unstruttal selbst angebauten Riesling genießen können.
Das besondere Etwas
Für Jörn Konrad ist der Weinberg ein Herzensprojekt. Zum ersten Mal in seinem Leben hat er die Möglichkeit einen kompletten Raum zu gestalten. Hinter dem Raumkonzept stehen Jörn’s Ideen und seine Handwerkskunst. Für seine Werke verwendet er größtenteils Holz, das vor Jahrzehnten oder gar Jahrhunderten schon einmal geschlagen und verbaut wurde. Dieses alte Holz lässt sich nicht nur für Kunstobjekte verarbeiten. Es bietet auch eine ausgezeichnete Grundlage für Möbelstücke, Wandverkleidungen, Decken, eigentlich alles, das einen Raum lebendig werden lässt. Denn das Holz selbst ist lebendig. Ein Material, das vor Jahrhunderten verarbeitet wurde zeichnet sich durch seine Naturbelassenheit aus. Weder ist es mit Chemikalien behandelt, noch zehrt seine Verarbeitung viel Energie. Eine umweltfreundliche Art zu Bauen, nicht nur, weil hier aus etwas Altem etwas Neues entsteht.